Planet Einzelkind

 Ihr seid zu dritt – und als Familie vollzählig? Herzlichen Glückwunsch! 

Dir scheint, überall um dich herum wachsen die Babybäuche. Alle, die ungefähr zur selben Zeit wie du Mama oder Papa geworden sind, vergrößern ihre Familie. Nur bei euch gibt es nichts zu verkünden. Umso besser! Ihr bewahrt euch das, was ihr liebt. Euren eingespielten Alltag zu dritt.

Wer nach dem ersten Kind nicht nochmal nachlegt, fühlt sich vielleicht ein kleines bisschen in der Außenseiterrolle. Aber das ist okay, denn ihr werdet dafür belohnt: Das Leben als kleine Familie mit einem Kind hat seine ganz speziellen süßen Seiten. Und die müsst ihr nicht aufgeben. Glücklich ist nicht, wer sich brav der Masse anschließt, sondern wer sein Leben ganz individuell nach den eigenen Wünschen gestaltet.

Einzelkinder sind für die meisten ein Mysterium, weil sie selbst keine sind. Unwissenheit schafft Ängste. Und Vorurteile. Zudem ist das, was man von Einzelkindern so hört, ganz unterschiedlich. Auch deshalb bin ich froh, selbst eins zu sein und nicht auf das Feedback anderer angewiesen. Für mich ist die dreiköpfige Familie normal und ich weiß, nur ein Kind zu wollen ist nicht egoistisch, sondern eine Entscheidung aus Liebe. Das Nein zu einem zweiten ist nämlich gleichzeitig auch ein riesiges Ja zu deinem einzigen Kind. Dazu, ihm mehr zu bieten und ihm womöglich eine geduldigere Mama, ein liebevollerer Papa zu sein als ihr es mit zwei Kindern wärt. Ihr schenkt eurem Sohn oder eurer Tochter also kein Geschwisterchen, aber dafür ganz viele andere schöne Dinge. Klingt logisch? Hier noch mehr aus meiner Perspektive, vom Planet Einzelkind:

- Dein Kind darf euer einziges bleiben? Schön. Denn während in anderen Familien ein Komet einschlägt mit der Geburt des Geschwisterchens, genießt dein Kind Stabilität und Kontinuität.


- Mutig ist nicht, wer trotz Zweifeln die Familie vergrößert, sondern wer bekennt: So wie jetzt fühle ich mich komplett, egal was von mir verlangt wird! 

- Das erste ist das Wunschkind, das zweite bei vielen nur noch das "Pflichtkind", zu dem man sich drängt, damit das erste ein Geschwisterchen hat und man die erwartete Mutter-/Vaterrolle erfüllt. 

- "Er/Sie reicht mir!" Eine simple Liebeserklärung an deinen kleinen Prinzen oder deine kleine Prinzessin. 

- Alle schwanger im Bekanntenkreis? Keine Panik, das ist nicht ansteckend. Und warst du dabei, als die Bald-Zweifachmamis schweren Herzens die Verhütung abgesetzt haben, nach dem Motto: "Jetzt MÜSSEN wir aber, sonst wird der Altersabstand zu groß"? 

- Die Zahl der Kinder sagt nichts über die elterlichen Qualitäten aus. Sind Mama und Papa überfordert, leidet auch der Nachwuchs. 

- Die Ansprüche an Frauen sind gewachsen, was Beruf, Selbstständigkeit und Rolle in der Partnerschaft angeht. Mütter müssen so viel mehr zugleich sein anstatt sich wie früher auf Haushalt und Kindererziehung zu konzentrieren. Körper & Look sollen dabei auch stimmen. Verständlich, dass da die Lust auf weiteres Kind oft gering ist, dennoch hat man das Gefühl es sich aufbürden zu müssen, um mit (gestressten) "Powerfrauen" mitzuhalten. 

- "Power" bedeutet für mich, sich von gesellschaftlichen Vorgaben zu emanzipieren und seine eigenen Ideale zu definieren. Warum müssen es immer zwei Kinder, Haus und Vollzeitjob sein? Wie wär es stattdessen mit einem Kind, das man länger (z.B. 3 Jahre) zuhause betreut?

- Du enthältst deinem Kind ein Geschwisterchen vor? Mich würde eher deprimieren, worauf mein Kind wegen diesem verzichten müsste. Denn bereits in der Schwangerschaft, wenn du dich schonen musst, kannst du deinem Erstgeborenen nicht mehr 100% geben.

- Die beiden spielen schön zusammen? Das tun Einzelkinder auch, mit ihren Freunden. Nur gehen die abends heim und machen ihnen nicht Sachen, Zimmer und Eltern streitig.


- Weil es so selbstverständlich ist, dass Erstgeborene ihre Eltern irgendwann teilen müssen, macht man sich Sorgen um die, die das nicht müssen. 

- Bei Geschwistern wird alles idealisiert, bei Einzelkindern problematisiert.  

- Dein Kind wünscht sich ein Geschwisterchen? Keine Angst, das wird gern total überbewertet. Man sieht eben, dass die meisten anderen auch welche haben und je jünger das Kind, desto unrealistischer die Vorstellung. Ein Kind kann sich ein Brüderchen oder Schwesterchen zum Spielen wünschen und trotzdem happy sein und null einsam... Die Lösung: Gelassenheit!

- Eine Idee: Warum erklärst du deinem Einzelschatz nicht seine Vorteile? Eltern, die ein zweites Baby erwarten, ziehen schließlich auch alle Register, um den "Großen" ihre neue Rolle schmackhaft zu machen.


- Genau diese Rolle finde ich einschränkend. Die vernünftige große Schwester, die mit 2 schon viel allein kann, weil die Mama sich um den kleinen Bruder kümmern muss. Als Einzelkind darfst du alles sein, was du willst, und dich in deinem Tempo entwickeln.

- Was ist zu vermeiden? Lass es dein Kind nicht spüren, falls du dir ein weiteres gewünscht hättest.

- Der Alltag als Ein-Kind-Familie ist easier als mit mehreren Kindern. Genau das fand ich so schön bei uns und will es, irgendwann in der Zukunft, auch meinem eigenen Kind ermöglichen, mit dieser Leichtigkeit aufzuwachsen. Genieß es anstatt dir vorzuwerfen, dass du zu wenig leistest. Sei froh, dass du auf die Bedürfnisse deines Kindes optimal eingehen kannst anstatt zu fürchten, dass du es verwöhnst. Andere hätten vielleicht gern eure Möglichkeiten und kritisieren aus Neid, wer weiß?!

- Für deinen einzigen Schatz wird immer genug Geld da sein. Trotzdem kannst du ihm prima vorleben, dass es nicht immer Markenkleidung, das teuerste Handy oder 3x im Jahr Urlaub sein muss. Das begreift ein Kind nämlich eher, wenn man sich all diese Dinge theoretisch leisten könnte, sie aber schlichtweg für unnötig hält. Rackern sich die Eltern dagegen ab, damit der Nachwuchs materiell mithalten kann, erscheinen Statussymbole umso wichtiger. Um Werte zu vermitteln braucht es also nicht zwingend Verzicht und "Verwöhnen" schadet nicht automatisch dem Charakter (das ist reine Neidlogik!)

- Einzelkinder stehen später allein da? So ein Quatsch. Wie erfüllt dein Leben ist, hängt nicht davon ab, wie viele Geschwister, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen du hast. Viel mehr zählt, ob du mit dir selbst im Reinen bist und die Mittel hast, deine Träume zu verwirklichen. 

- Es ist idiotisch, wie Einzelkind immer mit Einsamkeit gleichgesetzt wird. Für mich bedeutet es eher, sich zuhause nicht mit einem Rivalen zoffen zu müssen. Wie kann jemand, der zur Schule geht, liebevolle Eltern und selbst gewählte Freunde hat, einsam sein? Gerade in dem Punkt herrscht soviel Unwissen und wohl auch Wunschdenken. Einzelkinder bilden sich, wie jeder andere auch, ihre eigene Community und erleben genauso Zusammenhalt, Liebe und Wir-Gefühl.  

- Wenn die Eltern irgendwann sterben, ist ihr einziges Kind nicht allein, sondern hat vermutlich seine*n Partner*in und eine Familie gegründet. Auch hier verstehe ich die Panikmache nicht. Muss man vorsorglich ein weiteres Familienmitglied zur Welt bringen, für etwaige Schicksalsschläge? Ich empfinde es als beruhigend, dass mich später keine Geschwister beim Erbe übers Ohr hauen. Und gut, dass meine Eltern ihr Geld in ihre Altersvorsorge investieren können statt in die Erziehung eines zweiten Kindes.  

- Mal ganz grundsätzlich: In meinen Augen macht es das Leben soviel reicher, wenn man sich selbst genug ist, sich gut kennt und mag. Das wird total unterschätzt, dabei ist die Beziehung zu sich selbst die längste überhaupt!

- Es gibt Wichtigeres als mit 40 mit den Geschwistern am Tisch zu sitzen und Kindheitserinnerungen auszutauschen. Zum Beispiel: Geben die Eltern einen Zuschuss zum Studium, zur ersten eigenen Wohnung, Auto...? Hat Oma Lust, ihren Enkel zu betreuen, während Mama arbeitet? Wohl eher wenn's der einzige ist. Gehen wir gar nicht erst ins Detail, wie viel mehr Ressourcen für Schule, Ausbildung und Hobbys des einzigen Kindes zur Verfügung stehen und wie sehr man lebenslang von der großzügigen elterlichen Unterstützung profitiert... Und was ist falsch daran, sich allein zu erinnern? 

- Große Verwandtschaft kann auch heißen: Mehr Ärger. Da findet man den Schwager oder die Schwägerin unsympathisch, dort ist man genervt von der dauernden Schenkerei. Ich bin froh, dass meine Eltern mich nicht mit einer kleinen Schwester vergleichen können, und auch die Frage, wer das Lieblingskind ist, ist eindeutig geklärt.

- "Früher hab ich es genossen, aber heute hätte ich gern Geschwister." Keine Angst vor diesem Satz! Denn klar war Sohn oder Tochter froh, nervigen Machtkämpfen im Kinderzimmer zu entgehen. Nur jetzt, wo man getrennt wohnen und sich bloß gelegentlich besuchen würde, wenn es passt, hier und da WhatsApp, Familienrunde unterm Weihnachtsbaum... ja, da hätte man schon Lust drauf und alles wäre natürlich so harmonisch wie man's bei der besten Freundin sieht. Dafür existiert ein Begriff: sich überall die Rosinen rauspicken wollen! Also kein Grund für elterliche Schuldgefühle.